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Zentrum für Naturheilkunde und komplementäre Medizin

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Cortisol, Stress und Gesundheit

Die Analyse der Stresshormone und Neurotransmitter aus Speichel und Urin ist für die Diagnostik und die Therapie stressbedingter, somatischer und psychosomatischer Erkrankungen von außerordentlicher Bedeutung. Bei Schlafstörungen, psychischen Störungen (Angst, Depressionen und Burnout), gastrointestinalen Erkrankungen (Colitis ulcerosa, Colon irritabile, Ulcus), Schmerz (abdominelle Beschwerden, Rückenschmerzen, Fibromyalgie), kardiovaskulären Erkrankungen, Allergien, Adipositas und metabolischem Syndrom sowie Infertiliät und PMS stellt die Stressdiangnostik eine psychobiologisch fundierte Diagnostik dar. Für Therapeuten und Patienten wird durch die Bestimmung des Stress-abhängigen Cortisol-Spiegels auch ein biochemischer Parameter greifbar. Die Kenntnis, dass es für die Beschwerden eine Ursache, zumindest eine Erklärung gibt, kann die Patientenführung sowie die Anleitung zur Selbsthilfe wesentlich erleichtern.

Cortisol – das Stresshormon

Das Steroidhormon Cortisol ist das wichtigste Glukokortikoid bei Menschen. Es leitet sich ebenso wie die anderen Steroidhormone vom Cholesterin ab. Synthese und Sekretion in der Nebenniere unterliegen einer fein justierten Regulation über eine Hormonkaskade, die als Hypothalamus-Hypophsen-Nebennierenrinden-Achse (HHNA, auch Cortisolachse) bezeichnet wird (siehe Abb. S. 4). Diese Sekretion zeigt eine natürliche zirkadiane Rhythmik mit einem Maximum am Morgen und einem Minimum um Mitternacht.

Cortisol ist neben den Katecholaminen das wichtigste Stresshormon, das in Stresssituationen auf das 5 - bis 10-fache des Ausgangswertes ansteigt. Ein Cortisol-Exzess kann zum Cushing-Syndrom führen.
Im Stoffwechsel hat Cortisol Einfluss auf den Kohlehydrathaushalt (Förderung der Glukoneogenese, d. h. Erhöhung des Blutzuckerspiegels), den Proteinabbau (vermehrte Stickstoffausscheidung) und auf den Proteinabbau (vermehrte Stickstoffausscheidung) und auf den Fettstoffwechsel (Steigerung der Lipolyse bzw. der lipolytischen Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin). Es wirkt außerdem antientzündlich und immunsuppressiv. Unter Einfluss von CRH (Hypothalamus) wird ACTH aus der Hypophyse freigesetzt, welches wiederum die Cortisolsynthese in der Nebennierenrinde (NNR) und die Sekretion des Hormons induziert. CRH bewirkt ferner eine Aktivierung des sympathischen Nervensystems über die Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin. Die Freisetzung von CRH und ACTH wird über einen negativen Feedback-Mechanismus durch Cortisol gehemmt und von Adrenalin durch positives Feedback stimuliert. Ebenso aktivieren Zytokine (Entzündungsmediatoren) wie Tumornekrose-Faktor-α, Interleukin-1 und -6 über hypothalamische Neurone die Cortisolachse.

Cortisol hemmt die Bildung und Freisetzung von Prostaglandinen und Leukotrienen, von Entzündungs- und Schmerzmediatoren wie der Freisetzung von Arachidonsäure.

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Stress und stressbedingte Erkrankungen

Sowohl physischer als auch psychischer Stress können nachhaltige Auswirkungen auf das körperliche und seelische Wohlbefinden des Menschen haben. Wir sprechen allgemein von Stress in Situationen, die von einem Individuum positiv (herausfordernd, neu und erfolgsversprechend: Eustress) oder auch negativ (mehrdeutig, unvorhersehbar und unkontrollierbar: Disstress), erlebt werden.

Bei Eustress zeigt sich überwiegend eine katecholaminerge Aktivierung, bei Disstress überwiegen eine Mobilisierung und Immunsuppression durch Cortisol.

Normalerweise kommt es durch die Interdependenzen zwischen dem autonomen Nervensystem und der Cortisolachse zu einer raschen Downregulation der Stressantwort.

Dauerbelastung kann jedoch zur Überaktivierung der HHNA und einer dauerhaften hormonalen Stresskonstellation führen. Menschen mit einer geringeren Selbstsicherheit und Tendenz zu Depressivität zeigen eine ausgeprägte, häufig permanente Aktivierung der Cortiolachse.

Dauerhaft hohe Stressniveaus sind signifikant mit verschiedenen Erkrankungen assoziiert.

Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen Stress und chronischen Schmerzzuständen wie der Fibromyalgie und atopischen Erkrankungen wie der Neurodermitis. Ebenso eng korrelieren verschiedene Erkrankungen  des Gastrointestinaltrakts (Colon iriitabile, Ulcus peptium, Colitis ulcerosa), des Herz-Kreislauf-Systems  (Schlaganfall, Herzinfarkt) oder Störungen der Sexualfunktionen (Infertilität, erektile Dysfunktion, prämenstruelles Syndrom u.a.). Nach einer 1998 publizierten Studie korreliert die erhöhte Urinausscheidung von Cortisol und Katecholaminen mit einem vermehrten kardiovaskulären Erkrankungsrisiko und einem Abfall der kognitiven und körperlichen Leistungsfähigkeit⁵.

Eine enge Assoziation besteht zwischen dem Cortisolspiegel und dem Essverhalten. Ein stressbedingt dauerhaft erhöhter Cortisospiegel (Hypercortisolismus) bewirkt eine Steigerung der Nahrungsaufnahme und kann, zusammen mit der mineralokortikoiden Wasserrretention sowie einer abdominalen Fettverteilung, zu deutlicher Gewichtszunahme führen.  

 

Übergewicht und Cortisol

Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen der abdominellen Adipositas ( auch Stammfettsucht) mit einer vermehrten viszeralen Fettansammlung und erhöhten Cortisolspiegel. In einer Studie wurden 59 gesunde prämenopausale Frauen untersucht, 30 zeigten eine abdominelle Fettverteilung, 29 der untersuchten Frauen hatten keine abdominelle Adipositas. Bei den adipösen Frauen waren deutlich erhöhte Cortisolspiegel nachweisbar. Die Untersuchung kam zu dem Schluss, dass die zentrale abdominelle Fettverteilung mit einer erhöhten psychologischen Vulnerabilität gegenüber Stress, erhöhter Sekretion von und Ansprechbarkeit auf Cortisol und stressbedingten Erkrankungen assoziiert war.

In einer weiteren Studie konnte der Zusammenhang zwischen Stresslevel, Cortisolsekretion und abdomineller Adipositas gezeigt werden. Die stressbedingt hyperaktive HHN-Achse führte bei den adipösen Patientinnen (11 von 22) zur Erhöhung des Cortisols, wodurch Fressatacken ausgelöst wurden, die schließlich die charakteristische Fettverteilung bedingten. Die Normalisierung des Cortisolspiegels ist somit von essenzieller Bedeutung im Rahmen eines gesunden Gewichtsmanagements und der Prävention von Erkrankungen, wie z.B. dem metabolischen Syndrom und dem Typ ll Diabetes, die mit einer zentralen Adipositas assoziiert sind.

Der immunsupprimierende Effekt von Cortisol – es blockiert die spezifische und unspezifische Immunabwehr – lässt durch Hemmung der Aktivität der NK-Zellen die Infektionsgefahr ansteigen und verringert die Fähigkeit zur frühzeitigen Eliminationen entstehender Tumoren. daher wird ein Zusammenhang zwischen Stress, erhöhter Cortisolspiegel und Tumorerkrankungen gesehen. Beispielsweise wiesen Frauen mit Mammakarzinom signifikant höhere Cortisolspiegel auf. Die Frauen mit einem metastasierenden Mammakarzinom hatten zudem deutlich höhere Cortisolspiegel als Frauen mit einem Tumor der Brust in einem frühen Stadium.

Ebenso wird ein Zusammenhang zwischen chronischem Stress und neurogenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer angenommen. Hohe Cortisolspiegel scheinen die Degeneration und den Untergang von Neuronen zu fördern. Damit assoziiert ist eine verminderte Gedächtnisfunktion bei sonst gesunden älteren Frauen und Männern.

Schon früh konnte eine Verbindung zwischen chronischem Stress und dem Risiko für das Auftreten eines Morbus Alzheimer gezeigt werden. Personen, die großem Stress ausgesetzt waren, wiesen das doppelte Risiko für die Entwicklung eines Morbus Alzheimer im Vergleich zu Patienten ohne Stresssituationen auf .

Hypocortisolismus

Bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass stressbedingte Erkrankungen allein mit einem zu hohen (Hypercortisolismus) Cortisospiegel assoziiert seien. Neuere Untersuchungen zeigen, dass auch Cortisolmangel (Hypocortisolismus) krankheitsrelevant sein kann. Bei chronischem oder traumatischem Stress entwickeln nämlich 20-25 % der Betroffenen einen relativen Hypocortisolismus⁹. Die Ursachen können Cortisol-Resistenz an den Zielzellen sein.

Cortisolmangel hat neben den vielfältigen Auswirkungen auf die Organsysteme auch einen Einfluss auf die Schmerzempfindung und das Immunsystem. Er führt zu einer erhöhten Bildung und Freisetzung von entzündungsfördernden Prostalglandinen. Die Hemmung der Synthese des Transkriptionsfaktors NF-kB bei entzündlichen und malignen Prozessen unterbleibt; er wird vermehrt gebildet. Die folgende Zunahme der Interleukine 1,6 und 12 führt zu Abgeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Müdigkeit.


Trias bei Hypocortisolismus

  1. Schmerzempfindlichkeit
  2. Müdigkeit
  3. Stressintoleranz
Patienten mit Hypocortisolismus berichten über deutlich größere Stressbelastung, Angst, Despressionen und Müdigkeit. Es treten mehr körperliche Beschwerden, vornehmlich Schmerzstörungen, auf (Colon irritabile, Fibromylalgie etc.).
Die Trias Schmerzempfindlichkeit (z.B. bei Fibromylalgie ), Müdigkeit (Burn-Out, CFS) und Stressintoleranz (Reizbarkeit, Hyperreagibilität) ist typisch für Hypocortisolismus. Besonders bedeutsam ist der Zusammenhang zwischen erniedrigtem Cortisolspiegel und der Hyperreagibilität bei atopischen Erkrankungen wie Asthma und Neurodermitis¹⁰. Eine primäre adrenokortikale Defiziens führt zur Addison-Krankheit.

 

DHEA-Spiegel

Im Gegensatz zu anderen Hormonen, wie dem männlichen Sexualhormon Testosteron und dem wichtigen Vitalitätshormon DHEA (Dehydroepiandrosteron, einem Vorläufer der Sexualhormone), nimmt die Cortisolsekretion mit zunehmendem Lebensalter nicht ab. Es konnte gezeigt werden, dass die HHNA-Achse altersbedingt Veränderungen unterliegt und das Cortisol/DHEA-Verhältnis während des Alterungsprozesses signifikant ansteigt. Patienten, die im Alter an Demenz erkranken, wiesen eine signifikant höhere Ratio auf als kognitiv nicht beeinträchtigte ältere Vergleichspersonen. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass die Ursache vieler mit dem Alter assoziierter Erkrankungen durch das Absinken des DHEA-Spiegels bedingt ist. Das Verhältnis von Cortisol zu DHEA wird als Maß für den Alterungsprozess angesehen: je weiter fortgeschritten der Alterungsprozess, desto höher der Cortisol/DHEA-Quotient. Die Einnahme von DHEA-Präparaten scheint die individuelle Stressresistenz zu erhöhen und gegenüber einer ganzen Reihe von altersassoziierten Erkrankungen zu schützen.